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Phobische Störungen bei Kindern und Jugendlichen

  • Gruppe von Störungen, bei der Angst ausschließlich oder überwiegend durch eindeutig definierte, im Allgemeinen ungefährliche Situationen oder Objekte - außerhalb der betreffenden Person - hervorgerufen wird
  • Diese Situationen oder Objekte werden charakteristischerweise gemieden oder mit ausgeprägter Angst ertragen.
  • Phobische Angst ist subjektiv, physiologisch und im Verhalten von anderen Angstformen nicht zu unterscheiden, sie variiert zwischen leichtem Unbehagen bis zur Panik.
  • Befürchtungen des Betroffenen können sich auf Einzelsymptome wie Herzklopfen oder Schwächegefühl beziehen, sie treten häufig zusammen auf mit sekundären Ängsten vor dem Sterben, Kontrollverlust oder dem Gefühl, verrückt zu werden.
  • Die Angst wird nicht durch die Erkenntnis gemildert, dass andere solche Situationen oder Objekte nicht als gefährlich oder bedrohlich betrachten.
  • Allein die Vorstellung, dass die phobische Situation eintreten könnte, erzeugt gewöhnlich schon Erwartungsangst.
  • Psychische oder vegetative Symptome sind primäre Manifestationen der Angst und beruhen nicht auf anderen Symptomen wie Wahn- oder Zwangsgedanken.

Agoraphobie

  • Hauptmerkmal ist die Angst, sich an Orten oder in Situationen zu befinden, von denen aus ein Rückzug an einen sicheren Platz, im Allgemeinen nach Hause, schwierig oder peinlich ist.
  • Die Angst muss in mindestens 2 der folgenden umschriebenen Situationen auftreten: In Menschenmengen, auf öffentlichen Plätzen, bei Reisen mit weiter Entfernung von zu Hause oder bei Reisen alleine.
  • Die Vermeidung der phobischen Situation ist wesentlich.

 

Leitsymptome:

  • Die Angst kann sich darauf beziehen, die Wohnung/das eigene Haus zu verlassen, Geschäfte zu betreten, sich in eine Menschenmenge oder auf öffentliche Plätze zu begeben, alleine in Zügen, Bussen oder Flugzeugen zu reisen bzw. darauf, sich aus einer bestimmten Situation nicht sofort und leicht an einen sicheren Platz, im Allgemeinen nach Hause, zurückziehen zu können.
  • Ängste, zu kollabieren und hilflos in der Öffentlichkeit liegen zu bleiben, führen häufig zur Panik.
  • Das Fehlen eines sofort nutzbaren "Fluchtweges" kennzeichnet viele dieser agoraphobischen Situationen.
  • Die Angst wird von vegetativen Symptomen wie Tachykardie, Schweißausbrüchen, Tremor, Mundtrockenheit, Atembeschwerden, Beklemmungsgefühl, Thoraxschmerzen, Übelkeit oder Erbrechen begleitet.
  • Auch wenn der Schweregrad der Angst und das Ausmaß des Vermeidungsverhaltens variieren, ist diese Phobie besonders einschränkend; einige Betroffene sind schließlich völlig an ihr Haus gefesselt.
  • Depressive und zwanghafte Symptome sowie soziale Phobien können zusätzlich vorhanden sein, beherrschen aber das klinische Bild nicht.
  • Der Beginn liegt meist im frühen Erwachsenenalter, überwiegend sind Frauen betroffen.
  • Ohne effektive Behandlung chronifiziert die Störung häufig.

Soziale Phobien

  • Diese Störungen zentrieren sich um die Furcht vor prüfender Betrachtung durch andere Menschen in verhältnismäßig kleinen Gruppen (nicht dagegen in Menschenmengen).
  • Die Angst ist auf bestimmte soziale Situationen beschränkt oder überwiegt in solchen Situationen.
  • Die phobischen Situationen werden vermieden.
  • Der Beginn liegt häufig im Jugendalter.

 

Leitsymptome:

  • Zentral ist die Furcht vor prüfender Betrachtung in überschaubaren Gruppen (nicht in Menschenmengen).
  • Die Angst kann sich auf bestimmte Situationen wie Essen oder Sprechen in der Öffentlichkeit oder Treffen mit dem anderen Geschlecht beschränken; sie kann aber auch unbestimmt sein und in fast allen sozialen Situationen außerhalb der Familie auftreten.
  • Häufig bestehen niedriges Selbstwertgefühl und Furcht vor Kritik.
  • Als Begleitphänomene können Erröten, Vermeiden von Blickkontakt, Zittern, Übelkeit oder Drang zum Wasserlassen auftreten.
  • Die Symptomatik kann sich bis zu Panikattacken verstärken.
  • Ausgeprägtes Vermeidungsverhalten kann zu vollständiger sozialer Isolierung führen.
  • Die Störung wird oft nicht erkannt, neigt zu chronischem Verlauf und geht im Erwachsenenalter mit vermehrter sozialer Beeinträchtigung und häufigen komorbiden Störungen einher.

Spezifische Phobien

  • Die Angst bezieht sich isoliert auf bestimmte Objekte oder spezifische Situationen.
  • Diese Objekte oder Situationen werden vermieden.
  • Spezifische Phobien entstehen gewöhnlich in der Kindheit oder im frühen Erwachsenenalter und können unbehandelt jahrzehntelang bestehen.

 

Leitsymptome:

  • Die Angst bezieht sich isoliert auf spezifische Objekte oder Situationen wie bestimmte Tiere, Höhe, Donner, Dunkelheit, Fliegen, geschlossene Räume, Prüfungen, Urinieren oder Defäzieren auf öffentlichen Toiletten, Verzehr bestimmter Speisen, Zahnarztbesuch, Anblick von Blut oder Verletzungen oder darauf, bestimmten Erkrankungen (Strahlenkrankheiten, Geschlechtskrankheiten, AIDS) ausgesetzt zu sein.
  • Obwohl die auslösende Situation sehr spezifisch ist, kann sie Panik auslösen.
  • Spezifische Phobien entstehen gewöhnlich in der Kindheit oder im frühen Erwachsenenalter und können unbehandelt jahrzehntelang bestehen.
  • Das Ausmaß der spezifischen Angst bleibt in der Regel konstant.
  • Das Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigung hängt vom Vermeidungsverhalten ab.

Phobische Störungen des Kindesalters

  • Abnorm gesteigerte Furcht vor alterstypisch angstbesetzten Objekten oder Situationen
  • Der Beginn liegt in der entwicklungsangemessenen Altersstufe
  • Ausgeprägtes Vermeidungsverhalten gegenüber solchen Objekten oder Situationen
  • Die Angst ist nicht Teil einer generalisierten Störung.

 

Leitsymptome:

  • Unangemessen ausgeprägte Angst vor bestimmten Objekten oder Situationen, die in bestimmten Entwicklungsphasen von der Mehrheit der Kinder als beängstigend erlebt werden, z.B. laute Geräusche, imaginäre Gestalten (Gespenster), Tiere (Hunde), Dunkelheit oder Gewitter
  • Typische vegetative Begleiterscheinungen sind Herzklopfen, Schwitzen, Zittern, Atembeschwerden sowie Beklemmungs- und Schwindelgefühle.
  • Ausgeprägtes Vermeidungsverhalten gegenüber solchen Objekten oder Situationen
  • Erzwungene Konfrontation mit dem angstbesetzten Objekt bzw. der angstbesetzten Situation löst ausgeprägte Angst aus und wird typischerweise mit Weinen, Schreien, Fortlaufen oder Anklammern an Bezugspersonen beantwortet.

Störung mit sozialer Überempfindlichkeit des Kindesalters

  • Kinder mit dieser Störung zeigen eine durchgängige oder wiederkehrende altersunangemessene Furcht vor Fremden oder meiden diese.
  • Dieses Verhalten führt zu einer bedeutsamen sozialen Beeinträchtigung.
  • Die Störung beginnt vor dem sechsten Lebensjahr und ist nicht Teil einer generalisierten Störung.

 

Leitsymptome:

  • Anhaltende und ausgeprägte Ängstlichkeit in sozialen Situationen, in denen das Kind auf fremde Personen trifft
  • Es besteht Befangenheit, Verlegenheit oder übertriebene Sorge über die Angemessenheit des eigenen Verhaltens Fremden gegenüber.
  • Auf neue oder erzwungene soziale Situationen wird mit deutlichem Leid und Unglücklichsein, mit Weinen, Schweigen oder Rückzug reagiert.
  • Die Angst kann sich entweder auf Erwachsene oder auf Gleichaltrige sowie auf beide Gruppen beziehen.
  • Typischerweise werden solche Situationen vermieden.
  • Zu Familienmitgliedern oder anderen vertrauten Personen bestehen unbeeinträchtigte selektive Bindungen.
  • Die sozialen Beziehungen sind deutlich beeinträchtigt.